Frühe Bronzezeit 2200 - 1550 v.Chr.

Scheibennadel - Rudernadel
Links: Scheibennadel; Rechts: Rudernadel

Die Legierung von Kupfer mit Zinn verbreitet sich in der frühen Bronzezeit überall in Europa. Hinsichtlich der Totenbehandlungen lassen sich nicht mehr überregional einheitliche Konventionen festmachen wie dies zuvor im Spätneolithikum bei der Glockenbecher Kultur und der Schnurkeramik möglich gewesen war. Der Bestattungsritus der Frühbronzezeit ist sehr vielfältig und nur noch auf einzelnen Friedhöfen homogen. Weiträumig feststellbare Beobachtungen im Bestattungsritus sind Flachgräber, in denen Hockerbestattungen vorkommen. In Südosteuropa hingegen sieht es mit ersten Brandgräberfeldern und Tellsiedlungen etwas anders aus als in Mitteleuropa. Im Siedlungswesen lassen sich nun einige sehr große Flach-, Ufer- und sogenannte Höhensiedlungen feststellen.

Schleifennadel
Links: Schleifennadel; Rechts: Zyprische Schleifennadel.

Bei den archäologischen Leitformen der frühen Bronzezeit handelt es sich  erwartungsgemäß fast ausnahmlos um Artefakte aus Bronze. Hierzu gehören mitunter Ruder- und Scheibennadeln, die Horkheimernadel, die zyprische Schleifennadel sowie die Ösen- und Schleifenkopfnadeln. Hinzu kommen Ösenhalsringe, Randleistenbeile und die klassische spulenförmige Tasse der Aunjetitzer Kultur.

Die Anzahl der archäologisch differenzierbaren Kulturen nimmt in der Frühbronzezeit stark zu. Gerade weil es wirklich sehr viele unterschiedliche regionale Kulturen sind, können hier nicht alle im Einzelnen vorgestellt werden. Wer sich einen umfangreichen Überblick über die auftretenden Kulturen verschaffen möchte, der kann sich das Handbuch der Vorgeschichte von Hermann Müller-Karpe zulegen - in Band IV widmet er sich der Bronzezeit in drei Teilbänden. Wollte man alle einzelnen Kulturen genau präsentieren, so müsste man dafür eine eigene Website einrichten.

Es sei hier ein kurzer Überblick über einige Kulturen der Frühen Bronzezeit gegeben.

Nordeuropa: Aunjetitzer Kultur (Grabhügelbestattungen); England mit Wessex-Kultur (Grabhügelbestattungen).

Südeuropa: 
Süddeutschland mit der Singener Gruppe, Adlerberggruppe, Straubinger Kultur.
Inneralpine Frühbronzezeit mit Rhone-Kultur, Arbon-Kultur und Polada-Kultur. Iberische Halbinsel mit El-Argar-Kultur.
Niederösterreich mit der Kultur Unterwölbing-Gemeinlebarn.
 Westungarn mit Kisapistagruppe und Mad' arovcekultur.
 Nordungarn mit Nagyrev- und Perjamosgruppe.
 letztlich die Schneckenbergkultur in Siebenbürgen. 

Jüngere Frühbronzezeit

Ösenkopfnadel, Ösenhalsring
Ösenkopfnadel, Ösenhalsring.

Zum Ende der Frühbronzezeit vermehren sich die Hort- und Depotfunde. darin überwiegen sogenannte Langquaidbeile, gegossene Nadeln, Ösen-, Ring- und Kugelkopfnadeln. 

Aunjetitzer Kultur

Die klassische Aunjetitzer Kultur ,welche auf die Vor-, Früh oder auch Protoaunjetitzer folgt, bringt einen Großteil der definierten Leitformen der frühen Bronzezeit mit sich. Die Aunjetitzer Kultur war in weiten Teilen Europas verbreitet. Der Nachwelt hinterließ sie nicht nur eine Vielzahl an Neuerungen, sondern auch sehr kostbare und einzigartigen Artefakte wie etwa die Himmelsscheibe von Nebra in Sachsen-Anhalt.

Zunächst aber zu den typischen alltäglichen Dingen der klassischen Aunjetitzer Kultur. Dazu gehören vor allem karinierte Henkeltassen mit tiefsitzendem Bauchknick, die auch klassische spulenförmige Aunjetitztassen genannt werden, Tassen, Krüge mit Schulterabsatz und gerundetem Bauch, Ösen-, Hülsen- und Kugelkopfnadeln,  Lanzenspitzen mit Tüllen, Ösenhalsringe, Randleisten- bzw. Tüllen- und Schmalbeile.

Auch in der Aunjetitzer Kultur wurde nach strengen Regeln bestattet. Dabei differenzierten die Menschen allerdings nicht nach dem Geschlecht, sondern bestatteten alle ihre Bekannten in der rechten Hockerlage mit dem Kopf nach Süden, so dass die Toten ihren Blick stets gen Osten wandten. In der Regel wurden die Verstorbenen in Körperbestattungen beigesetzt, also nicht verbrannt. Bei den meisten Gräbern handelt es sich um Flachgräber. Es sind auch Aunjetitzbeststattungen bekannt, in denen man in Grabtumuli Verschiedene beisetzte ("Tumuli" leitet sich von dem lateinischen "Tumulus" für Hügel ab).

Himmelsscheibe von Nebra

Die Entwicklung der Himmelsscheibe in 5 Stufen.

Die Himmelsscheibe war nicht von Anfang „die“ Himmelsscheibe wie wir sie heute kennen. Sie war nicht von Anfang so aufgebaut wie man sie heute im Museum betrachten kann. Sie hat im Verlauf ihres sehr langen Daseins mehrere Metamorphosen durchgemacht, wenn man es so sagen möchte. Insgesamt werden 5 verschiedene Stufen aufgeführt, die bisher von Archäologen rekonstruiert werden konnten.

Zunächst stellt ein Handwerker eine Bronzescheibe mit 32 Sternen her, auf der er zudem einen Vollmond und einen Sichelmond anbringt. Im nächsten Schritt werden zwei Randbögen zugefügt, was zur Folge hat, dass auf der rechten Seite hinter dem Sichelmond zwei Sterne verdeckt werden und auf der linken Seite ein Stern etwas weiter nach rechts rücken muss, um weiterhin sichtbar bleiben zu können. In der dritten Stufe wird ein gefiederter Bogen, eine Barke, in den unteren Teil der Scheibe zwischen die dortigen Himmelskörper gezwängt. Er passt sich dem dort vorhandenen Platz an so gut er kann und rückt dabei einigen Sternen allerdings sehr nahe. Im Gegensatz zu den übrigen Darstellungen besitzt er einen sehr geringen Abstand zu den umliegenden Sternen. In der vierten Stufe werden am Rand der Scheibe zahlreiche Löcher rundherum angebracht: man vermutet, dass sie nun an einem Träger befestigt und umher getragen wurde oder irgendwo aufgestellt wurde. Bevor die Himmelsscheibe um 1600 v. Chr. vergraben wird, wird einer ihrer Randbögen noch entfernt.

Infobox: Himmelsscheibe

Ziel Link
Text vom LDA Die Phasen der Himmelsscheibe
Video Das Geheimnis der Himmelsscheibe von Nebra

Theorie: Was zeigt die Scheibe?

Auf der Himmelsscheibe gibt es im Bereich über dem Sichelmond eine Ansammlung von genau 7 Sternen. Diese Aufeinanderdrängung der Gestirne in kein Zufall. Es handelt sich hierbei um die Plejaden. Für alle in Europa lebenden Gesellschaften ist diese Sternenkonstellation von großer Wichtigkeit für den bäuerlichen Kalender. Der Beginn der Aussaat wird durch ihr Verschwinden am Abendhimmel im Westen, und das genau am 10. März, markiert. Der Anfang der Ernte am 17. Oktober deckt sich mit ihrem Untergang am westlichen Morgenhimmel.

Die Scheibe konnte den Menschen damals sehr nützlich hinsichtlich Beginn und Ende des bäuerlichen Jahres gewesen sein, da sie ihnen zeigte, wann Aussaat und Ernte am günstigsten waren. Dass die Anordnung der Plejaden auf der Himmelsscheibe am Westhimmel abgebildet ist, zwischen der so genannten Märzsichel und dem Oktobervollmond, spricht dafür dass sie Mitteldeutschland gefertigt wurde, weil von der dortigen geographischen Breite aus diese Konstellation zu sehen ist.

Es ist aber noch mehr Wissen in der Scheibe enthalten. Auf ihr wird darauf hingewiesen, wann ein Mondjahr mit dem Sonnenjahr synchronisert, d.h. wann ein 13 Monat, ein Schaltmonat, eingefügt werden muss. Diesen musste man einfügen, wenn der Sichelmond zum Jahresbeginn im Frühlingsmonat erst am dritten Tag bei den Plejaden erschien. Erschien er am ersten Tag in schmaler Sichelform, so wusste man, dass in diesem Jahr kein 13 Monat eingefügt werden musste. Der dicke Sichelmond unter den Plejaden auf der Scheibe ist der besagte Hinweis auf diese Regel.

Es bleibt nur zu vermuten, warum die Himmelsscheibe letztlich niedergelegt wurde. Anhand der wertvollen Beigaben kann man jedoch erkennen, dass sie bis zuletzt für ihre Benutzer von Bedeutung gewesen war. Wir wissen es nicht und werden es vermutlich nie erfahren können, was der eigentliche Anlass für diese „Bestattung“ der Scheibe war. Ihr genaues Alter kann ebenso wenig rekonstruiert werden. Auch die Zeit, welche zwischen den einzelnen Stufen verging, ist nicht feststellbar. Es konnte nur der Zeitpunkt ihrer Deponierung um 1600 v. Chr. datiert werden und das nur über die Beifunde. Sie ist wahrscheinlich bereits zu einem früheren Zeitpunkt hergestellt worden.    

Die Himmelsscheibe ist nicht nur für die Wissenschaft von besonderer Bedeutung. In Sachsen-Anhalt, dem Bundesland, in dem sie aufgefunden wurde, wird die Scheibe vermarktet. Gerade für den Tourismus bietet sich ein derartig exeptioneller Einzelfund an. So wurde der heutige Fundplatz in eine Aussichtsplattform umgewandelt. An ihrem ursprünglichen Platz befindet sich nun ein Spiegel (siehe Bild), welcher eben das zeigt, was die Scheibe darstellt: den Himmel. Neben diesem sehr schlicht wirkenden großen Spiegel in der Erde befindet sich ein großer Aussichtsturm, von dem man über den Wald und die umliegende Umgebung sehr weit blicken kann. Die Waldwege zum ursprünglichen Fundort wurden verbessert und darauf eine eigene Buslinie eingesetzt, welche dem Spaziergang abgeneigte Touristen zum Fundplatz bringt. Vor dem Wald wurde dafür eine Busstation und eine "Arche Nebra" errichtet. Die Arche ist ein kleines Museum für die Himmelsscheibe mit der Form der Himmelsbarke wie sie auch auf der Scheibe zu sehen ist. Darin können sowohl eine Vielzahl von Artikeln von und über die Scheibe erworben werden als auch die Fundgeschichte sowie die Erklärung der Funktion der Scheibe und ihre Umwandlungen in den bereits erwähnten 5 Stufen rekapituliert werden.

Singener Gruppe

In der Singener Gruppe gibt es eine geregelte Totenbestattung, die nach Geschlechtern differenziert, mitunter treten die ersten Baumsärge auf. Dabei werden Männer als linke Hocker mit Nord-Süd-Ausrichtung und Frauen als rechte Hocker mit einer Süd-Nord-Ausrichtung bestattet. Männer erhalten als sehr häufige Beigabe Dolche und Armspiralen, Frauen werden mit verzierten Ruder- und Scheibennadeln, Armspiralen, Blechbändern und Blechtutuli beigesetzt.

Adlerberggruppe

Die Gräber dieser Gruppe stehen in einem Kontrast zu denen der Singener Gruppe. Hier gibt es insgesamt sehr wenige Metallartefakte, dafür umso mehr Trachtbestandteile aus Knochen wie Tierzahnanhänger oder Knochenringe und Knochennadeln. 

Das "Fürstengrab" von Leubingen

Friedrich Klopfleisch
Portrait von Prof. Friedrich Klopfleisch (1831-1898), aufgenommen um 1877. Quelle: wikimedia.commons

Eine Besonderheit der jüngeren Bronzezeit ist ein Grabhügel von Leubingen, der zu den so genannten "Fürstengräbern" gezählt wird. Bei solchen Gräbern handelt sich um verhältnismäßig sehr reich ausgestatte Begräbnisse unter großen Hügeln. Professor Friedrich Klopfleisch (1831-1898) untersuchte einen solchen Hügel im Jahr 1877 bei Leubingen. Er war 8,5 Meter hoch und hatte einen Durchmesser von 34 Metern. Klopfleisch fand dort mehrere Straten vor. Das Erkennen und Dokumentieren von Schichten war zu dieser Zeit noch längst nicht selbstverständlich. Klopfleisch hat bei seiner Grabung jedoch darauf geachtet und dies zeichnerisch festgehalten. So gesehen hatte seine Grabungsweise einen modernen Ansatz. Sie zeigt, dass es ihm nicht allein um das Auffinden von Objekten ging, sondern auch um das Erforschen des Grabhügels.

 

In der obersten Schicht entdeckte er 70 Gräber aus slawischer Zeit, sie datierten also zwischen 700 und 1100 n. Chr. Allein an diesem Befund erkennt man, dass Grabhügel noch nach sehr langer Zeit im kulturellen Gedächtnis der Menschen verankert waren. Sicher wusste man nicht, dass die Hauptbestattung in die frühe Bronzezeit datiert aber man wusste, dass dies ein Grabhügel war. Wenn man die flache Ebene um den Hügel herum sieht, dann fällt jedem sofort auf, dass er künstlichen und nicht eines natürlichen Ursprunges ist. Alternativ dazu kann es ein purer Zufall sein, dass der Hügel nochmals für Bestattungszwecke genutzt wurde.

 

Die Hauptbestattung datiert in die Frühe Bronzezeit und gehört der Aunjetitzer Kultur an. Unter einer dicken Steinpackung war ein Grab einer kleinen Totenhütte aus massiven Holzbalken. Bis vor kurzem wurde die Bestattung so gedeutet, dass über dem Mann bzw. "Fürsten" im rechten Winkel ein männlicher Jungendlicher gelegt wurde, der ihn ins Jenseits begleiten sollte (siehe Bild). Nachforschungen aus jüngster Zeit kamen allerdings zu einem anderen Ergebnis. Man fand heraus, dass die Grabkammer selbst für einen Jugendlichen nicht breit genug gewesen sein kann. Es wurden noch weitere Anhaltspunkte dafür gefunden, dass es sich um eine Fehlinterpretation des Ausgräbers handeln muss. Dem Ausgräber war damals aufgefallen, dass viele Waffenbeigaben in Gräbern im rechten Winkel übereinander lagen (im Bild gut erkennbar). 

 

Dann er sah, dass zwei Knochen im Bauchbereich des "Fürsten" ebenfall in einem solchen Winkel lagen. Daraus schloss er, dass er den letzten erhaltenen Knochen eines heranwachsenden Kindes gefunden hatte. Dieses hätte den toten Edelmann ins Jenseits begleiten sollen. D.h. diese Deutung beruht auf einem Knochenpaar. Die Skelette wurden nicht so vorgefunden, wie es die Rekonstruktionszeichnung von Friedrich Klopfleisch vermuten lässt.

 

Abgesehen davon zeichnet sich die Bestattung des Mannes durch ihre reichen Beigaben aus. Es gab neben einem Keramikgefäss diversen Goldschmuck: ein goldener Armring, zwei goldene Ösenkopfnadeln und ein goldenes Spiralröllchen sowie zwei goldene Noppenringe. Waffen aus Bronze wurden ebenfalls gefunden: eine Stabdolchklinge, drei Dolchklingen und zwei Randleistenbeile. Die zahlreichen Werkzeuge (zwei Knickwandmeißeln, zwei Randleistenmeißeln, ein Schuhleistenkeil aus Serpentin sowie ein Wetzstein) ließen die Vermutung zu, dass es sich um das Grab eines einflussreichen Metallurgen handeln kann. Durch die relativ gute Holzerhaltung der Grabkammer, konnte mit der Dendrochronologie die Hauptbestattung auf 1942 +/- 10 v. Chr. datiert werden.

Verwendete Literatur

Autor Titel Seite
Brockhaus Der Brockhaus Archäologie 118-122
Trachsel Ur- und Frühgeschichte 65-75
Badisches Landesmuseum Ur- und Frühgeschichte: Führer durch die archäologische Abteilung 61-82
Müller-Karpe Handbuch der Vorgeschichte. Band IV/1-4 188-196
Jockenhövel / Kubach Bronzezeit in Deutschland, Sonderausgabe -
- Die Phasen der Himmelsscheibe -
Zich Studien zur regionalen und chronologischen Gliederung der nördlichen Aunjetitzer Kultur -

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